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Venezuela und Kolumbien entsenden jeweils Botschafter. Wirtschaftsbeziehungen im Fokus. Guaidó gerät immer mehr ins Abseits.

Von Frederic Schnatterer | junge Welt vom 30.08.2022

Drei lange Jahre Funkstille sind vorbei: Am Sonntag (Ortszeit) haben Kolumbien und Venezuela offiziell wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen. Mit der Ankunft des kolumbianischen Botschafters Armando Benedetti in Caracas und der des venezolanischen Félix Plasencia in Bogotá endet für Kolumbien auch das Kapitel Juan Guaidó. Der Oppositionspolitiker, der sich im Januar 2019 selbst zum »Übergangspräsidenten« Venezuelas ausgerufen hatte, wurde unter dem ehemaligen kolumbianischen Präsidenten Iván Duque als offizieller Repräsentant des Nachbarlandes anerkannt. Gustavo Petro, seit Anfang August Nachfolger Duques, hatte schon im Wahlkampf angekündigt, seine Regierung werde die Beziehungen wieder normalisieren.

Benedetti, der am Sonntag in Caracas vom venezolanischen Vizeaußenminister Rander Peña Ramírez willkommen geheißen wurde, erklärte per Twitter: »Die Beziehungen mit Venezuela hätten niemals zerbrechen dürfen.« Kolumbianer und Venezolaner seien »Brüder, und eine imaginäre Linie kann uns nicht trennen«. Peña Ramírez schrieb ebenfalls auf dem Kurznachrichtendienst, die »historischen Verbindungen« zwischen den Nachbarstaaten riefen dazu auf, »für das Glück unserer Völker zusammenzuarbeiten«.

Nach seiner Ankunft in Bogotá versicherte Plasencia, er habe »große Lust darauf, Fortschritte in der Friedensdiplomatie zu machen«. Die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen bezeichnete er als »zweite Gelegenheit, die uns die Geschichte gegeben hat«. Die Berufung von Plasencia auf den Botschafterposten in Kolumbien zeigt, wieviel Gewicht die venezolanische Regierung dem Amt beimisst. Der Diplomat war von August 2021 bis Mai 2022 Außenminister von Präsident Nicolás Maduro, zuvor hatte er das Amt des Botschafters in der Volksrepublik China ausgeübt.

Wie die neue Regierung in Kolumbien bereits mehrfach betont hat, sollen insbesondere die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Bogotá und Caracas im Vordergrund stehen. Am Sonntag erklärte Benedetti, acht Millionen Kolumbianerinnen und Kolumbianer lebten vom Handel mit dem Nachbarland. Die beiden Staaten haben eine mehr als 2.000 Kilometer lange gemeinsame Grenze. Um den Transit von Waren und Personen zu garantieren, soll diese vollständig geöffnet werden. Besonders wichtig ist der Grenzübergang nahe der kolumbianischen Stadt Cúcuta, der derzeit nur von Fußgängern genutzt werden darf.

Für die Maduro-Regierung in Caracas ist die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen ein weiterer Erfolg auf dem Weg heraus aus der internationalen Isolation – für Guaidó hingegen eine weitere empfindliche Niederlage. Bereits seit geraumer Zeit schwindet die Bedeutung des Politikers, der von westlichen Medien noch immer als »Oppositionsführer« bezeichnet wird. Dass er diese Rolle mitnichten einnimmt, zeigt eine andere Nachricht vom 20. August. Wie mehrere Medien berichteten, beschloss seine Partei Voluntad Popular, Guaidó als Kandidaten für die Vorwahlen der Opposition ins Rennen zu schicken. Im Jahr 2024 wird planmäßig einer neuer Präsident gewählt, das Oppositionsbündnis Mesa de la Unidad Democrática will einen gemeinsamen Kandidaten aufstellen. Ob das Guaidó werden wird, ist angesichts dessen Bedeutungsverlusts keineswegs ausgemacht.

 

 

 

 

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